EHRS Berichte Teil 2: Einschätzung der Sexualfunktion während Finasterideinnahme, Vergleich Finasterid Tablette mit 2% Minoxidil Lösung
19. Oktober 2002 - Dr. Jens Meyer
Auf der diesjährigen Tagung der Europäischen Gesellschaft für Haarforschung (European Hair Research Society, EHRS) wurden zahlreiche Forschungsergebnisse von Arbeitsgruppen aus allen Teilen der Welt präsentiert (Lesen Sie hierzu auch unseren Bericht vom 4. Oktober 2002), von denen wir Ihnen heute zwei weitere interessante Beiträge vorstellen möchten.
Die Arbeit einer italienischen Forschergruppe beschäftigte sich mit der eventuellen Beeinträchtigung der Sexualfunktion während einer Behandlung des anlagebedingten Haarausfall des Mannes mit 1mg Finasterid/Tag (Handelspräparat Propecia). Prof. Wolff schrieb zu diesem Thema im Expertenrat: "Im Rahmen der Studien an über 1500 Männern (die eine Hälfte bekam Propecia, die andere Hälfte bekam Plazebo – eine unwirksame Substanz) wurde nach Beeinflussung der Libido (Verlangen nach Sexualität), nach Veränderung des Samenvolumens und nach Potenzproblemen gefragt. Unter 2 % aller Männer (also auch der Plazebo-Probanden) gaben eine Abnahme der Libido, des Samenvolumens (Das Samenvolumen hat hier nichts mit der Qualität der Spermien zu tun) und Potenzprobleme an. Der Unterschied zwischen den Männern die Plazebo und Propecia eingenommen haben war statistisch nicht signifikant, also unbedeutend. Treten jedoch unter Propecia Einnahme entsprechende Beschwerden auf, so lassen diese meist trotz fortgeführter Therapie nach. Sämtliche Nebenwirkungen sind nach Absetzen von Propecia vollständig reversibel."
Um dem Phänomen der eventuellen Beeinträchtigung der Sexualfunktion unter Finasterid- (und Placebo-) Einnahme nachzugehen, nutzte das Forscherteam einen international standardisierten Fragebogen zur Erhebung der männlichen Sexualfunktion. Dieser wurde an 106 männliche Teilnehmer zwischen 18 und 57 Jahren in den Monaten 3 bis 9 der Finasterideinnahme ausgehändigt. In diesem Beobachtungszeitraum traten bei dem Probandenkollektiv keinerlei Nebenwirkungen hinsichtlich der Sexualfunktion auf. Die Untersucher führten dieses eindeutige Ergebnis vor allem darauf zurück, dass sich die Teilnehmer durch die regelmässige Befragung ernstgenommen und somit "rückversichert" fühlten. Dies habe zur Folge, dass "psychologische" Nebenwirkungen" nicht beobachtet würden. Die Wissenschaftler schlugen vor, den Fragebogen in Zukunft im Rahmen einer groß angelegten Studie zu nutzen, um so den wahren Prozentsatz bzw. die Bedeutung von sexuellen Nebenwirkungen einer Therapie mit 1mg Finasterid/Tag herauszufinden.
In der Studie eines englischen Forscherteams sollte die Wirksamkeit von 1mg Finasterid/Tag (Handelspräparat Propecia) in der Behandlung des anlagebedingten Haarausfalls (Alopecia androgenetica) des Mannes mit der von 2%iger Minoxidil-Lösung verglichen werden. Nach einem Beobachtungszeitraum von 12 Monaten hatte Finasterid hinsichtlich der Untersuchungsparameter Haardichte und Prozentanteil der Haare in der Wachstumsphase (Anagenphase) klar die Nase vorn. Interessanterweise hatten jedoch mehr Teilnehmer der Minoxidilgruppe das Gefühl einer Verdichtung der Haare.
Der Widerspruch in den objektiven und subjektiven Ergebnissen der Untersuchung lässt sich sicher Teilweise mit dem nur sehr kleinen Probandenkollektiv erklären: Nur jeweils 15 Männer erhielten eine Finasterid bzw. Minoxidil Behandlung. Darüber hinaus wurde keine Kontrollgruppe eingesetzt zur Vergleichsbehandlung mit einem Placebo (unwirksame Substanz). Die Aussagekraft der Studie ist nicht zuletzt auch dadurch eingeschränkt, dass 2%ige anstatt 5%iger Minoxidil-Lösung verwendet wurde. Minoxidil ist in Deutschland nur in der 5%igen Konzentration zur Behandlung der Alopecia androgenetica zugelassen (Handelspräparat Regaine). In einer kürzlich publizierten Untersuchung hatte sich die 5%ige Lösung gegenüber der 2%igen Zubereitung als deutlich wirksamer erwiesen (siehe unser Beitrag in der Rubrik "Aktuelles" vom 11. September 2002)
Die Kurzberichte (Abstracts) zu diesen Themen in Englisch finden Sie auf der Website der EHRS
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