Januskinase-Inhibitoren bei Alopecia areata?
5. Februar 2015 - Prof. Hans Wolff
Bei der Alopecia areata handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung mit dem Zielorgan Haarfollikel. Vorwiegend durch zytotoxische T-Lymphozyten bzw. ihre Zytokinsignale (Interferon-gamma, Interleukin 2, Interleukin 15 Rezeptor beta) wird der Haarfollikel reversibel "gelähmt", so dass kein Haar mehr gebildet wird. Zum Glück kommt es nicht zur Zerstörung des Haarfollikels, so dass die Haare - auch nach Jahren - jederzeit wieder wachsen können. Im Gegensatz zu anderen, gut steuerbaren Erkrankungen aus diesem Formenkreis (Rheumatoide Arthritis, Psoriasis, schwere Neurodermitis) spricht die Alopecia areata paradoxerweise kaum auf Immunsuppressiva wie Kortison, Ciclosporin oder TNF-alpha-Inhibitoren an. Mangels therapeutischer Alternativen werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Beobachtungen gerade bei der Alopecia areata immer begierig registriert und diskutiert.
Im Jahr 2014 erschienen zwei hochrangige wissenschaftliche Publikationen, die für große Aufmerksamkeit unter Ärzten, Wissenschaftlern und Patienten mit Alopecia areata gesorgt haben. So berichten Craiglow und King von der Yale Universität im Journal of Investigative Dermatology über einen Patienten, der aufgrund einer Psoriasis den Januskinase-Inhibitor Tofacitinib erhielt [1]. Neben der Psoriasis hatte er auch eine Alopecia areata fere universalis; lediglich in Kopfhautarealen mit Psoriasis (!) wuchsen Haare. Unter der Behandlung mit dem Immunsuppressivum Tofacitinib kam es zur Besserung der Psoriasis und nach 5 Monaten zum kompletten Wiederwachstum seiner Haare. Tofacitinib wird von der Firma Pfizer hergestellt und wird in den USA bei Rheumatoider Arthritis eingesetzt. In Deutschland ist Tofacitinib noch nicht erhältlich.
In einer anderen Publikation berichten Xing und Mitarbeiter in Nature Medicine über eindrucksvolle Ergebnisse bei Mäusen und drei Patienten mit einer Alopecia areata fere totalis. Mäuse und Menschen erhielten Ruxolitinib, einen anderen Januskinase-Inhibitor [2]. Bei allen drei Patienten kam es unter dieser immunsuppressiven Therapie zu einem bemerkenswerten Wiederwachstum der Haare innerhalb von 3-5 Monaten. Ruxolitinib wird von Novartis hergestellt und ist in Deutschland zur Behandlung der Osteomyelofibrose, einer Knochenmarkserkrankung, zugelassen. Die Kosten sind wie bei anderen neu entwickelten Biologika exorbitant hoch. So kostet der Einsatz von Ruxolitinib in einem Jahr etwa 40.000 EUR! Neben den hohen Kosten hat Ruxolitinb auch zum Teil sehr ernste Nebenwirkungen aufzuweisen, zum Beispiel erhöhte Infektanfälligkeit, Gehirnblutungen, Lymphome etc.
Daher besteht für mich derzeit die Hoffnung darin, dass in größeren klinischen Studien der Einsatz von topisch zu applizierenden Januskinase-Inhibitoren untersucht wird. Hier gibt es Projekte, die Januskinase-Inhibitoren als Creme bei Patienten mit Neurodermitis zu untersuchen.
Zusammenfassend stellen die Januskinase-Inhibitoren, die systemisch gegeben werden, für mich keine Erweiterung des therapeutischen Spektrums dar. Dies liegt nicht nur an den exorbitant hohen Behandlungskosten, sondern auch an den zwar seltenen, aber potenziell tödlichen Nebenwirkungen. Daher bleibt für mich die topische Immuntherapie mit Diphencyprone (DCP) weiter das Mittel der Wahl bei ausgeprägter Alopecia areata [3].
1. Craiglow, B.G. and B.A. King, Killing two birds with one stone: oral tofacitinib reverses alopecia universalis in a patient with plaque psoriasis. J Invest Dermatol, 2014. 134(12): p. 2988-90.
2. Xing, L., et al., Alopecia areata is driven by cytotoxic T lymphocytes and is reversed by JAK inhibition. Nat Med, 2014. 20(9): p. 1043-9.
3. van der Steen, P., et al., Alopecia areata. Klinik, Pathogenese und topische Immuntherapie. Dt Ärztebl, 1995. 92(12 (A)): p. 831-836.
Prof. Dr. med. Hans Wolff
Oberarzt der Haarsprechstunde
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
Klinikum der Universität München
Frauenlobstraße 9-11
80337 München
2015 | |
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