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Internationales Jahrestreffen der Haarforscher in Jerusalem, Teil 2
3. August 2011 - Prof. Dr. Hans Wolff

In einer Sitzung zum Thema "Neues aus der Haarforschung" wurden interessante Ergebnisse über Stammzellen des Haarfollikels gezeigt. Parallel dazu fand eine Sitzung über Haartransplantationstechniken statt. Bemerkenswert dabei war besonders der Vortrag von Ken Washenik aus New York/USA. Er berichtete über Fortschritte und klinische Studien mit Haarstammzellen zur Generierung neuer Haarfollikel (follicular neogenesis). Hierbei gibt es weltweit bereits Studien in der Phase I bzw. II. Washenik vertritt dabei den japanischen Großkonzern Aderance, einen der führenden Perückenhersteller. In Deutschland ist man auf diesem Gebiet auch sehr aktiv. Prof. Rolf Hoffmann aus Freiburg und die Firma RepliCel® führen bereits Phase I/IIa Studien in Georgien und Österreich durch (siehe auch www.replicel.com).

Eine eigene Sitzung wurde dem Thema genetischer Hypotrichosen und Hyertrichosen gewidmet. Hierbei werden immer mehr seltene genetische Syndrome mit Haarwuchsstörungen auf molekulargenetischer Ebene aufgeklärt.

Der folgende Freitag, 8.07.2011, bot nochmals absolute Höhepunkte. Zu erwähnen sind dabei die Übersichtsvorträge von David Whiting aus Dallas zum Thema Histopathologie der frontal-fibrosierenden Alopezie sowie ein Übersichtsvortrag von Prof. Ralph Trüeb aus Zürich über die vernarbenden Alopezien. Danach gab Michael Rendl aus New York einen Einblick in aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema mesenchymale Kontrolle der Haarfollikelbildung. Es ist immer wieder erstaunlich, wie hochklassig Forschungsarbeiten zum Haarfollikel publiziert werden. So entdeckt man jährlich mehrere Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie Nature, Science oder Cell.

Zur Alopecia areata gab es aus wissenschaftlicher Sicht leider wenig Neues. Seit mehreren Jahren weiß man, dass bestimmte molekulare Veränderungen im Haarfollikel das sogenannte Immunprivileg beseitigen, so dass der Haarfollikel Ziel einer autoimmunen Attacke wird. Dies wurde auch nochmals in dem Hauptvortrag von Angela Christiano aus New York USA dargestellt (siehe auch Nature, Vol. 466, 1.07.2010). Therapeutisch interessant war die Hypothese von Christiano, dass das Medikament OrenciaR (Abatacept) bei Alopecia areata wirksam sein könnte. Zugelassen ist dieses Biologic bisher aber nur zur Therapie der rheumatoiden Arthritis und demnächst auch zur Behandlung einer ausgeprägten Psoriasis. Abatacept blockiert die sogenannte T-Zell-Kostimulation durch Antigen-präsentierende Zellen. Somit führt es zu einer Hemmung aktivierter T-Zellen, die auch bei der Ausbildung der Alopecia areata relevant sind. Ob diese Behandlung tatsächlich zur Therapie der Alopecia areata beitragen kann, müssen doppelblinde plazebokontrollierte Studien zeigen. Es ist jedoch fraglich, ob das herstellende Pharmaunternehmen (Bristol Myers Squibb) den Markt der Alopecia areata für ausreichend interessant hält, um solche teuren Studien durchzuführen. Auch ist festzuhalten, dass der bisherige Einsatz von Biologics durchweg enttäuschend war, ja dass Biologics wie TNF-alpha-Antagonisten sogar eine Alopecia areata auslösen können.

Zusammenfassend hat der Besuch in Jerusalem deutlich gezeigt, dass weltweit intensiv an Störungen des Haarwachstums geforscht wird. Vielleicht werden die nächsten Jahre dann auch klinisch nutzbare therapeutische Verbesserungen erbringen. Dies ist vor allem auf dem Gebiet der Alopecia areata dringend nötig.

München, im Juli 2011
Prof. Dr. med. Hans Wolff
Leiter der Haarsprechstunde
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
Ludwig-Maximilians-Universität München

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