Diagnostik und Therapie des anlagebedingten Haarausfalls
25. April 2011 - Dr. Uwe Schwichtenberg
Der anlagebedingte Haarausfall (androgenetische Alopezie) ist bei Männern und Frauen die weitaus häufigste Form des Haarverlusts. Um aktuelle Standards in Diagnostik und Therapie dieses anlagebedingten Haarausfalls ging es in einem Mittagsseminar bei der 46. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Im Mittelpunkt standen die neue S1-Leitlinie zur diagnostischen Beurteilung der androgenetischen Alopezie und die äußerliche Behandlung mit Minoxidil.
Für Haarausfallerkrankungen existieren bisher kaum evidenzbasierte Leitlinien. Die von einer Gruppe europäischer Haarspezialisten erarbeitete S1-Leitlinie schließt eine wichtige Lücke – und wird demnächst auch von einer S3-Leitlinie zur Therapie der androgenetischen Alopezie ergänzt, wie Prof. Dr. Ulrike Blume-Peytavi von der Charité Berlin verriet.
Checkliste für die Praxis
Für den behandelnden Arzt hilfreich ist ein diagnostischer Beurteilungsbogen, der alle wichtigen Punkte für die Diagnose der androgenetischen Alopezie in Form einer Checkliste zusammenfasst – von der Anamnese über die klinische Beurteilung bis hin zu Labor- und Haaruntersuchungen. Besonderes Augenmerk gilt dabei auch der Erfassung anderer Ursachen für einen (diffusen) Haarausfall oder möglicherweise verschlimmernden Faktoren wie Eisenmangel, Einnahme „haariger“ Medikamente, vielleicht auch eine Crash-Diät. Als „Handwerkszeug für die Haarsprechstunde“ empfahl Prof. Blume-Peytavi den Haarzupftest (Pull-Test) zur groben Beurteilung der Haarausfallaktivität sowie Dermatoskopie oder Lupenuntersuchung.
Minoxidil als Lösung oder Schaum
Etablierte Therapien für die androgenetische Alopezie des Mannes sind die innerliche Gabe von Finasterid und die äußerliche Behandlung mit 5%-iger Minoxidil-Lösung (Regaine®). „Für Frauen mit androgenetischer Alopezie ist 2%-ige Minoxidil-Lösung die einzige in Deutschland zugelassene wirklich evidenzbasierte Therapie“, machte Dr. Natalie Garcia Bartels, ebenfalls von der Charité Berlin, deutlich. Topisches Östrogen sieht sie als Second-line-Option zur Stabilisierung oder Verlangsamung des Haarausfalls.
Eine neue 5%-ige Minoxidil-Schaumformulierung ist in den USA und Großbritannien bereits zur Therapie der androgenetischen Alopezie bei Männern zugelassen. In Deutschland wird sie voraussichtlich im nächsten Jahr erhältlich sein – zunächst nur für das starke Geschlecht. Hier hat der Schaum in einer multizentrischen placebokontrollierten Doppelblindstudie seine Wirksamkeit und Verträglichkeit unter Beweis gestellt. Doch auch bei Frauen gibt es erste positive Erfahrungen. In einer Vergleichsstudie war 5%-iger Minoxidil-Schaum, anders als bei Männern nur einmal täglich angewendet, hinsichtlich der Zunahme von Haardichte und Haardicke genauso effektiv wie 2%-ige Minoxidil-Lösung zweimal täglich. Der Schaum konnte aber mit besserer kosmetischer Akzeptanz sowie weniger Juckreiz und Schuppung punkten.
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