Cloning und Stammzellen zur Behandlung des Haarausfalls - funktioniert es?
14. Dezember 2010 - Dr. Uwe Schwichtenberg
Auf dem Kongress CoPlasDy in Barcelona hielt Expertenrat-Mitglied Dr. Andreas Finner aus Berlin einen Vortrag zum Thema Cloning und Stammzellen bei der Behandlung von Haarausfall. Ausgangspunkt ist das Problem, dass mit den heute verfügbaren Haarmedikamenten oft keine ausreichende Verbesserung eines bereits stärker fortgeschrittenen Haarausfalls (Kahlheit, narbige Alopezie) erreichbar ist. Neue gezielte Therapien, z.B. mit Signalmolekülen, lassen auf sich warten.
Bei der Haartransplantation können zwar kahle Stellen wieder durch geschickte Umverpflanzung tausender Haarwurzeln aufgefüllt oder verdichtet werden. Jedoch gibt es auch Patienten, bei denen die Menge der Spenderhaare am Hinterkopf so begrenzt ist, dass eine Haarvervielfältigung wünschenswert wäre. Daher wäre der Traum jedes Haararztes: Schaffung ganz neuer Haare.
In Forschungsarbeiten der letzten Jahre konnte prinzipiell gezeigt werden, wo die trichogenen (haarbildenden) "Stamm"zellen des Haarfollikels lokalisiert sind. Sie sind bei entsprechender Stimulation in der Lage, ganze Haare und teils sogar ganz andere Organbestandteile wie Nervengewebe oder Zahnmaterial zu bilden.
Ein Teil der trichogenen Zellen des Haares kommt aus der Oberhaut (Epidermis) und sitzt in einem Wulst an der Seite des Haarkanals. Ein anderer Teil befindet sich in der dermalen Haarpapille innerhalb der Haarzwiebel und um sie herum (siehe Abb.1). Die dermalen Stammzellen der Papille sind wahrscheinlich entscheidend, denn sie können bei Injektion in die tiefere Haut eine Stimulation der Epidermis bewirken. Diese bildet dann eine Einsenkung, aus der sich der Haarkanal entwickelt, welcher die Haarpapille in der Tiefe zwiebelartig umfasst. So entsteht ein Haarfollikel und die Produktion des Haares beginnt in der Haarzwiebel. Das passiert übrigens auch bei der Haarentwicklung des Embryos und teilweise bei jedem Haarzyklus.
Zur Haarvermehrung bietet sich die Vervielfältigung von entnommenen trichogenen Zellen mittels Wachstumsstimulation im Reagenzglas an ("Cloning"), welche dann in die Kopfhaut gespritzt werden (Zelltransplantation). Einige Forscherteams mischen beide Zelltypen im Reagenzglas, andere verwenden nur dermale Zellen. Ein anderer Ansatz ist das Klonen bzw. Züchten ganzer Haarfollikel, sogenannter Protohaare, im Labor, welche dann in die Kopfhaut transplantiert werden (Follikelneogenese, Haarmultiplikation). Zu beiden Methoden sind bereits mehrere Firmen intensiv in den USA und Europa tätig.
Momentan sind die Arbeiten an der Zelltransplantationsmethode am weitesten fortgeschritten. Es finden bereits Phase-II-Studien am Menschen statt. Diese dienen der Überprüfung der Effektivität und Sicherheit der Therapie. Erste Zwischenergebnisse an 200 von 300 Studienteilnehmern einer Studie des Aderans Research Institute in den USA, deuten auf eine Zunahme der Haardichte in der Analyse mittels Digitalmessung hin. Bei diesem Verfahren werden epidermale und dermale trichogene Zellen im Labor aus einzelnen Haarwurzeln isoliert (2-Zell-Ansatz), anschließend vermehrt und dann wieder in die Kopfhaut injiziert (siehe Abb.2). Jedoch ist noch nicht klar, ob es sich um ganz neue Haare oder erneut stimulierte, vergrößerte ehemalige Flaumhaare handelt. Auch ist die Dauerhaftigkeit und Sicherheit der Behandlung noch nicht abschätzbar. Zusätzlich wird das Problem der bestmöglichen Methode zur Zellvermehrung im Labor sowie der richtigen Ausrichtung und Verteilung der neugebildeten Haare auf dem Kopf zu lösen sein.
Hier bietet sich noch viel Betätigungsraum für die Haarforschung, aber der Anfang ist gemacht. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob eine neue Ära der biotechnologischen Behandlung von Haarerkrankungen anbricht.
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