Prinzip, moderne Methoden, Eignung, Voruntersuchung, Durchführung, Ablauf, Fallstricke, Fehler und Komplikationen, Kosten, Nachsorge, Begleittherapie
Autor: Andreas M. Finner, Trichomed - Praxis für Haarmedizin und Haartransplantation Berlin, www.trichomed.com
Eine Haartransplantation ist möglich bei fortgeschrittener androgenetischer Alopezie (anlagebedingter Haarausfall) von Mann und Frau und nicht bei aktiver vernarbter Alopezie bzw. Narben der Kopfhaut. Voraussetzung sind ausreichend dichte und dicke eigene Spenderhaare im Haarkranz, besonders am Hinterkopf. Dort befinden sich hormonresistente Haarwurzeln, die auch nach dem Umpflanzen in kahle Areale großteils dauerhaft kräftig bleiben. Es können nur eigene Haare verwendet werden, die Menge ist also begrenzt. Deshalb muss mit den Spenderhaaren gut gehaushaltet werden, die Verteilung der Transplantate und entnommene Menge muss individuell maßgeschneidert geplant werden. Nur geignete Patienten und Patientinnen sollten operiert werden. Eine realistische Erwartung zum Ergebnis (wieder abgedeckt, dichter als jetzt aber nicht mehr so dicht wie früher) ist wichtig. All das wird in einer Voruntersuchung beim Haarchirurgen geprüft und besprochen. Dabei werden auch Vorher-nachher-Fotos gezeigt, die Haarlinie eingezeichnet und die Kosten nach amtlicher ärztlicher Gebührenordnung verbindlich veranschlagt. Sie liegen je nach Umfang bei einigen tausend Euro. Die Haartransplantation wird als Behandlungsoption in der aktuellen S3-Leitlinie zur androgenetischen Alopezie empfohlen, bevorzugt in Kombination mit Haarmedikamenten.
Sie erfolgt heutzutage als mikrochirurgische Verpflanzung tausender einzelner follikulärer Einheiten (FU-Grafts) mit je 1-4 Haarwurzeln/Follikeln. Diese winzigen FU werden in örtlicher Betäubung der Kopfhaut mittels speziell geformter Hybrid-Mikrostanzen punktuell am Haarkranz entnommen (FUE, meist mit Rasur) oder aus einem entnommenen linearen Hautstreifen unter dem Mikroskop präpariert (FUT, meist ohne Rasur) und in kleinste Pflanzkanäle umgepflanzt. Das kann auch in kleine Lücken zwischen noch bestehende Haare zur Haarverdichtung erfolgen. Das dauert einen Tag mit Pausen, danach kann der Patient wieder nach Hause. Das Endergebnis der Haartransplantation wird nach 9-12 Monaten sichtbar sein.
Eine dauerhafte begleitende medikamentöse Therapie zur Haarerhaltung noch bestehender Haare ist oft sinnvoll, ebenso eine Belassung von Spenderhaaren als Reserve für eventuelle spätere Nachverdichtungen bei Fortschreiten der Alopezie. Es kommt auf die geschickte Verteilung der Transplantate an. Priorität hat meist der Vorderkopf, in bestimmten Fällen kann auch die Tonsur (Platte) wieder aufgefüllt werden.
Ja, wenn man sich noch genügend Spenderhaare am Hinterkopf aufhebt, falls der Haarausfall fortschreitet. Dann kann später nochmal nachgepflanzt werden. Ganz verschwinden sollten bei Männern die Geheimratsecken jedoch nicht, ein zu runder Haaransatz sieht unnatürlich oder feminin aus.
Entscheidend für den Erfolg ist die individuelle ärztliche Voruntersuchung und vorausschauende Planung der Menge, Verteilung und Platzierung der Transplantate sowie die fachgerechte Durchführung aller in die Haut einschneidenden Arbeitsschritte durch einen erfahrenen Haarchirurgen persönlich. Leitlinien, Patientenhinweise und Fortbildungen der Fachgesellschaften VDHC und ISHRS dienen der Qualitätssicherung und dem Schutz der Patienten vor unseriösen Anbietern. Die Operation muss zügig und schonend erfolgen. Die kleinen lebenden Haarwurzeln (Follikel) dürfen nicht austrocknen oder zerquetschen oder bei der Entnahme angeschnitten werden. Dabei kommt es auf das manuelle Geschick und die Erfahrung des Haarchirurgen und seines Teams an.
Alle Schnitte und Stiche in die Kopfhaut sollten immer nur von einem Arzt durchgeführt werden!
Medizinische Risiken sind Krusten (ca. 2 Wochen), Schwellung an Stirn und Augen (ca. 5 Tage, mehr oder weniger durch vorbeugende Maßnahmen wie Kühlen reduzierbar), Schmerzen (meist nur wenige Tage mit Schmerztabletten behandelbar), Infektionen (selten, meist als einzige Pickel eingewachsener Haare), Narben (bei richtiger Vorgehensweise meist je nach haarlänge gut überkämmbar punktuell nach FUE oder linienförmig als Strich) und Wundheilungsstörungen.
Medizinische und ästhetische Fehler sind zu starke Beanspruchung der Kopfhaut (Durchblutungsstörungen, unnötige Narben, Ausdünnung der Spenderzone, reduziertes Anwachsen), falsche Verteilung und Ausrichtung der Transplantate (zu steil, zu sehr in Reih und Glied, zu weit vorn, falsche Richtung ohne Beachtung der Originalhaare), unnatürlich gestalteter Haaransatz (zu gerade, zu weit vorn oder nicht zum Kopf und Typ passende Haarlinie), falscher und rücksichtsloser Umgang mit den FU-Grafts (Verschnitt, Austrocknen, reuzierte Anwachsrate), Infektionen und Nekrosen (schlechte Hygiene, fließbandartige Massenabfertigung, zu hoher Pflanzdichte.
Die Fachgesellschaft ISHRS und der Verband Deutscher Haarchirurgen in Deutschland haben Leitlinien zu den medizinischen und personellen Standards erstellt. Patientenhinweise dienen der Warnung vor unseriösen Anbietern (Schwarzmarkt).
Prüfen Sie ganz genau, wer Sie operiert und fallen Sie nicht auf unrealistische oder falsche Versprechungen herein (schmerzfrei, narbenfrei, maximale Graft-Transplantatzahl zum billigsten Preis, Problem für immer gelöst). Probleme bei falsch platzierten oder nicht angewachsenen Haaren oder eine zu stark Mottenfraß-ähnlich ausgedünnte Donorzone im Nackenbereich sind später kaum korrigierbar.
Die Patienten erhalten spezielle Anweisungen, um das Haar in den ersten 2 Wochen schonend zu reinigen, dabei darf nicht gescheuert oder gekratzt werden. Bei Bedarf können Mittel gegen Schwellung oder Schmerzen genommen werden. Wichtig ist die persönliche Erreichbarkeit des Haarchirurgen bei Fragen. Die spätere Nachsorge und ärztliche Nachbetreuung beinhaltet haarerhaltende Therapien, auch damit der Haarausfall bei noch bestehenden Haaren nicht fortschreitet.