Für individuelle Informationen und Empfehlungen ist ein Besuch beim Hautarzt unerlässlich.
Auch Frauen können unter anlagebedingtem Haarausfall leiden. Der Fachbegriff ist androgenetische Alopezie. Dieser Haarausfall äußert sich bei Frauen meist durch eine fortschreitende Ausdünnung im Mittelscheitelareal. Zwar werden viele Therapeutika angeboten, wirksam sind jedoch nur wenige. Die Therapie der androgenetischen Alopezie der Frau richtet sich nach dem vorliegenden Haarstatus.
1. Bei fehlender oder nur geringer Haarlichtung bei gleichzeitig stärkerem Haarverlust sind Estradiol-haltige Lösungen manchmal in der Lage, den Haarausfall zu verzögern. Hier gibt es die biologisch östrogenaktiven 17-beta-Estradiol-Lösungen (Crino-Hermal fem neu®, Alpicort F neu® u.a.) und die nicht-östrogenaktiven 17-alpha-Estradiole (Ell-Cranell-alpha®, Pantostin®).
2. Wahrscheinlich wirksamer sind systemisch gegebene Antiandrogene wie Chlormadinonacetat (Belara®, Neo-Eunomin®) oder Cyproteronacetat (Diane-35®, Androcur®). Allerdings steht der wissenschaftliche Beweis in doppelblinden, plazebokontrollierten Studien mit präzisen Haarzählungen und standardisierten Übersichtsfotografien sowohl für Östrogene als auch Antiandrogene noch aus.
3. Bei sich deutlich abzeichnender androgenetischer Alopezie der Frau verwenden wir 2- und 5%ige Minoxidillösungen (Regaine®). Zu diesen Präparaten gibt es wissenschaftliche Studienergebnisse, die auf eine gute Wirksamkeit deuten.
An Nebenwirkungen ist bei einer Therapie mit Minoxidil-Lösung gelegentlich mit einer Irritation der Kopfhaut zu rechnen, selten kommt es auch zur Ausbildung einer Allergie gegen einen Inhaltsstoff der Regaine Lösung. Bei wenigen Frauen, vornehmlich dunkelhäutigere Südeuropäerinnen, kann eine verstärkte Behaarung im Gesicht, vor allem an Stirn und Wangen, auftreten. Sollte dies sehr störend sein, so kann das Minoxidil-haltige Haarwasser abgesetzt werden, die vermehrten Gesichtshaare fallen wieder aus.
Unserer Meinung nach ist Regaine (Minoxidil) das Mittel der Wahl bei der androgenetischen Alopezie der Frau. Wichtig ist, dass Regaine, wie jedes andere Haartherapeutikum, nur so lange wirkt, wie man es anwendet. Ziel der Therapie ist immer ein Stopp des Fortschreitens der Haarlichtung.
Prof. Dr. H. Wolff, Dr. C. Kunte
Aktualisierung Frühjahr 2004:
Der Wirkstoff Minoxidil ist jetzt auch in Deutschland als 2%ige Lösung zur Behandlung des anlagebedingten Haarausfalls (Alopecia androgenetica) der Frau zugelassen. Bisher war Minoxidil in Deutschland nur in einer 5%igen Lösung zur Behandlung des anlagebedingten Haarausfalls des Mannes verfügbar, und konnte Frauen nur im Rahmen eines sogenannten ""individuellen Heilversuches"" rezeptiert werden. Die nun offiziell auch für Frauen erhältliche Lösung (Handelspräparat Regaine Frauen) wird mit drei verschiedenen Applikatoren geliefert und wird 2x/Tag auf die betroffenen Stellen am Oberkopf aufgetragen.
Vor Einleitung einer spezifischen Therapie bei Haarausfall steht immer die exakte Stellung einer Diagnose. Sollte bei Ihnen eine androgenetische Alopezie vorliegen, ist die Ihnen vorgeschlagene Therapie sicher korrekt. Überlegt werden sollte allerdings, ob die Kombination zweier äußerlicher Präparate (Minoxidil und Ell cranell alpha) sinnvoll ist, zumal Minoxidil 2x täglich und Ell cranell alpha 1x täglich aufgebracht werden sollte.
Die gleichzeitige Anwendung verschiedener Externa birgt das Problem, dass man bei positiven und negativen Effekten das ursächliche Präparat nicht identifizieren kann. Des weiteren kann die 3x tägliche Anwendung von Lösungen (die Medikamente sind meist in Alkoholen gelöst) zu einer starken Austrocknung der Kopfhaut mit Irritationen bis hin zu starker Entzündung und Schuppung führen.
Dr. C. Kunte
Alpicort N enthielt als Wirkstoff Prednisolon (Kortison), heute gibt es ein ähnliches Präparat, welches nur Alpicort heißt und zusätzlich noch Salicylsäure enthält. Alpicort N ist für Ekzemerkrankungen der Kopfhaut, Schuppenflechte und kreisrunden Haarausfall zugelassen.
Alpicort F enthält neben Prednisolon, Salicylsäure auch noch Estradiolbenzoat (weibliches Geschlechtshormon) und ist somit zur Behandlung des androgenetischen Haarverlustes der Frau geeignet, vermutlich auch wirksam, wobei entsprechende Studien zur Wirksamkeit nicht vorliegen.
Dr. C. Kunte
Crinohermal fem neu enthält als Wirkstoff Estradiol. Hier liegt das weibliche Geschlechtshormon in der sogenannten ""b""-Form. Bei Aufnahme durch die Kopfhaut in den Körper, vor allem bei längerer Anwendung, sind systemische Östrogenwirkungen (Wirkung des weiblichen Geschlechtshormons im ganzen Körper) möglich. Folgen können Zwischenblutungen oder erneute Blutungen in der Menopause sein. Moderne publizierte Studien liegen nicht vor. Die Wirksamkeit dürfte ähnlich wie bei Ell cranell einzuschätzen sein.
Dr. C. Kunte
Crino-Hermal fem und Alpicort F neu enthalten beta-Estradiol, das wie normales Östrogen wirkt. Zusätzlich Kortison. Ell-Cranell alpha enthält alpha-Estradiol, das nicht wie ein klassisches Östrogen wirkt. Ausserdem kein Kortison.
Prof. Dr. H. Wolff
17 alpha Estradiol, der Inhaltsstoff von Pantostin oder EllCranell Alpha, soll nach Herstellerangaben keine östrogene Partialwirkung haben. Deshalb liegen von den Herstellern bezüglich der Anwendung bei Patientinnen mit Brustkrebs keine Kontraindikationen vor. Ob der Wirkstoff bedenkenlos bei Patientinnen mit Brustkrebs eingesetzt werden kann, muss der verschreibende Arzt gegebenenfalls nach Rücksprache mit der Herstellerfirma entscheiden. Zur Sicherheit sollte ebenso der betreuende Gynäkologe, der die regelmäßige Nachsorge nach Brustkrebs vornimmt, befragt werden.
Dr. C. Kunte
Langzeitstudien hierzu existieren nicht. Wir beobachten dieses Phänomen jedoch auch gelegentlich bei unseren Patienten.
Prof. Dr. H. Wolff
Ell cranell Alpha enthält als wesentlichen Wirkstoff 17a Estradiol. Durch die chemische ""a""-Form wirkt es im Körper nicht wie ein Östrogen (weibliches Geschlechtshormon. Der vorliegenden klinischen Studie und unserer Erfahrungen nach ist Ell cranell (17a Estradiol) in der Lage bei leichteren und beginnenden Formen des erblich-hormonell bedingten Haarausfalls das Fortschreiten des Haarverlustes zu verlangsamen.
Alpicort F enthält neben Prednisolon (Kortison), Salicylsäure auch noch Estradiolbenzoat (weibliches Geschlechtshormon - wirkt im Körper auch wie ein solches) und ist somit zur Behandlung des androgenetischen Haarverlustes der Frau geeignet, eventuell auch wirksam, wobei entsprechende Studien zur Wirksamkeit nicht vorliegen. Somit kann von wissenschaftlicher Seite keine Aussage gemacht werden, ob der Haarverlust unter dieser Behandlung verlangsamt oder gestoppt werden kann.
Bei beiden Präparaten sind im allgemeinen nur lokale Nebenwirkungen zu erwarten. Bei strikter lokaler Anwendung von Kortisonpräparaten an der Kopfhaut ist bei engmaschiger ärztlicher Kontrolle in der Regel nicht mit Nebenwirkungen zu rechnen.
Dr. C. Kunte
Zu Ell Cranell existieren laut Roter Liste (Liste aller Arzneimittel) keine Erfahrungen über den Einsatz in der Behandlung der androgenetischen Alopezie der Frau in Schwangerschaft und Stillzeit. Die generellen Empfehlungen lauten, dass während der Stillzeit jede Behandlung mit dem behandelnden Gynäkologen abgestimmt werden soll, um eine Gefährdung des Kindes auszuschließen. Jede Therapie in der Stillzeit sollte kritisch ob ihrer Notwendigkeit überdacht werden. Wir empfehlen aus dermatologischer Sicht generell nicht lebensnotwendige Medikamente abzusetzen, auch wenn es wie hier keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindes gibt.
Dr. Christian Kunte
Weder östrogenhaltige Haarwasser noch Regaine Lösung sind schädlich für gesunde Kopfhaarfollikel. Problematisch für entsprechende Tinkturen kann sein, dass andere Präparate wie zum Beispiel Kortison beigemischt werden, die bei langer Anwendung das Haarwachstum bremsen oder gar zu Haarverlust führen können. Gegebenenfalls sollte Ihr Hautarzt die durchgeführte Behandlung überprüfen. Das effektivste derzeit erhältliche Therapeutikum zur Behandlung der androgenetischen Alopezie der Frau ist Regaine Frauen.
Dr. Christian Kunte