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Bericht vom Symposium Entzündliche Haar- und Kopfhauterkrankungen Teil 1
20. Mai 2022 - Dr. A. Finner, Dr. U. Schwichtenberg

Am Mittwoch den 4. Mai 2022, fand an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie des LMU Klinikums München das Symposium "Entzündliche Haar- und Kopfhauterkrankungen" für medizinische Fachkreise unter der Leitung von Prof. Dr. med. Lars E. French und Prof. Dr. med. Hans Wolff statt. Den Beginn machte Prof. Adrian Tanew aus Wien über die Diagnostik und Therapie lichenoider Alopezien, also der Frontal fibrosierenden Alopezie (FFA) vom Typ Kossard, des Lichen Planopilaris (LPP) und der Fibrosing alopecia in a pattern distribution (FAPD). Diese zunächst exotisch klingenden Erkrankungen aus dem Bereich der vernarbenden Alopezien seien jedoch alles andere als selten, alle 3 zusammen träten laut einer Studie genau so häufig auf wie die Alopecia areata, so Prof. Tanew. 

Die erste von Prof. Tanew vorgestellte Erkrankung war der Lichen Planopilaris (LPP). Hier können sich an verschiedenen Stellen der Kopfhaut lichte bzw kahle Herde entwickeln. In über 70% sind Frauen betroffen, meist um das 50. Lebensjahr herum. Selten können können auch Kinder betroffen sein. In diesem Fall darf der LPP nicht mit einer Alopecia areata verwechselt werden. Hilfreich in der Diagnostik des LPP ist wie auch bei den anderen Formen des vernarbenden Haarausfalls die sogenannte Trichoskopie, also die Untersuchung der Kopfhaut und der Haarfollikel mit einem speziellen Auflichtmikroskop. Hier gäbe es 3 wichtige Kriterien, die auf das Vorliegen einer LPP hinweisen würden: 1. eine in einigen Bereichen auftretende livide Verfärbung der Kopfhaut, 2. das Auftreten von Halskrausen-ähnlichen ringförmigen Schuppen an den Haarfollikeln, und 3. Bereiche der Kopfhaut, in denen aufgrund des Vernarbungsprozesses schon keine Haarfollikel mehr zu erkennen seien. Der LPP sei, so Prof. Tanew, oft mit Juckreiz, Missempfindungen oder Spannungsgefühl an der Kopfhaut verbunden. Ein Verlust von Körperhaaren sei in 10-40% der Fälle zu beobachten. Zur Behandlung des LPP kämen individuell Kortisonpräparate, Hydroxychloroquin, Methotrexat (MTX), Ciclosporin, Isotretinion oder 5 alpha Reductase Hemmer in Betracht. Hierbei sei es wichtig zu wissen, dass der LPP unterschwellig oft auch in Bereichen der Kopfhaut aktiv ist, die äußerlich noch keine Anzeichen der Erkrankung erkennen lässt.

Im Weiteren ging Prof. Tanew auf die Frontal fibrosierenden Alopezie (FFA) vom Typ Kossard ein, über die wir schon im Januar diesen Jahres ausführlich berichtet hatten (Zum Artikel in der Rubrik Aktuelles). Ergänzend zu den dort bereits aufgelisteten Informationen berichtete Prof. Tanev, dass es einer Analyse zufolge 3 unterschiedliche Formen des FFA gäbe: Eine Form mit einem scharf begrenzten linienartigem Haaransatz, eine Form mit einem diffus ausgedünntem Haaransatz, und eine dritte Form mit einer "doppelten" Haarlinie, bei der im Bereich der ausgefallenen Haare an der Stirn noch eine Reihe von Haaren stehen geblieben ist. Zur Dokumentation des Therapieerfolges, was bei vernarbenden Alopezien immer ein Stopp des Fortschreitens des Prozesses ist, sei es wichtig, eine Fotoaufnahme zu machen, in der die Distanz der Strecke von der Nasenwurzelfalte bis zum Haaransatz gemessen und dokumentiert werde. Neben den bereits im Januar 2022 vorgestellten Therapieoptionen des FFA stellte Prof. Tanev 3 Studien zur Therapie des FFA mit sogenannten JAK-Inhibitoren vor. Hier gäbe es uneinheitliche Ergebnisse, dazu handele es sich nur um Untersuchungen mit einer kleinen Anzahl an Teilnehmern. Die Forschung stünde hier noch ganz am Anfang. Untersuchungen zur Therapie mit dem 5-alpha Reduktase Hemmer Dutasteride hätten gezeigt, dass dieser vor allem in höheren Dosierungen wirksam sei. Insgesamt werde der Einsatz von Finasterid und Dutasterid aber kontrovers beurteilt. Prof. Wolff ergänzte, dass er die FAA in seiner Sprechstunde vor allem mit hochdosierten äusserlichen Kortisonpräparaten behandele. Unter einer 3 mal wöchentlichen Anwendung könne in fast allen Fällen eine Stabilisierung des Befundes erreicht werden. Sollte es zu einem Fortschreiten kommen, so würde er zunächst innerlich mit dem Wirkstoff Hydroxychloroquin behandeln.

Auf eine Frage der TeilnehmerInnen, ob denn die FFA in den letzten Jahren wirklich häufiger auftrete oder einfach nur häufiger diagnostiziert werde, antwortete Prof. Tanew, dass hier wirklich eine zunehmende Häufigkeit zu beobachten sei. Gründe hierfür könnten die Anwendung von Pflegeprodukten, Haarkosmetika, Sonnenschutzmitteln oder Kontaktallergien oder hormonelle Störungen (zB Schilddrüse) und Ernährungsfaktoren sein. Prof. Wolff bestätigte das gehäufte auftreten des FFA, er glaube jedoch nicht, dass dies etwas mit Sonnenschutzmitteln zu tun habe.

Als Letztes stellte Prof. Tanew eine erst im Jahr 2000 von einer Arbeitsgruppe um Prof. Ralph Trüeb aus Zürich neu beschriebene Art des vernarbenden Haarausfalls vor. Die sogenannte Fibrosing alopecia in a pattern distribution (FAPD) sei eine Mischung aus einer androgenetischen Alopezie (AGA) und einem Lichen planopilaris (LPP, siehe oben). Auf den ersten Blick kann diese Erkrankung aussehen wie ein anlagebedingter Haarausfall des Mannes oder der Frau. Eine genaue Betrachtung mit dem Auflichtmikroskop zeige dann aber die weiter oben beschriebenen charakteristischen Kopfhautveränderungen des LPP. Eine Therapie müsse sowohl den LPP als auch die AGA mit berücksichtigen. Prof. Tanew zeigte in diesem Zusammenhang Bilder einer erfolgreichen Behandlung mit den Wirkstoffen Minoxidil, Isotretinoin und Hydroxchloroquin.

Der nächste Vortrag ging um das relativ unbekannte Krankheitsbild des "red scalp syndromes", also dem Syndrom der roten Kopfhaut. Prof. Wolff berichtete, beim red scalp syndrome käme es zu einer Rötung der Kopfhaut, eventuell auch zu Juckreiz oder Brennen. Weitere Veränderungen wie Schuppung gäbe es hierbei jedoch nicht. Das red scalp syndrome sei eine Ausschlussdiagnose, so Prof. Wolff. Das bedeutet, das erst andere, häufigere Erkrankungen wie ein Kontaktekzem, ein seborrhoisches Ekzem oder ein Lichen planopilaris ausgeschlossen werden müssen. Bei der Untersuchung der Kopfhaut mit den bloßen Augen oder einem Auflichtmikroskop könne man eine Rötung und kleine feine Äderichen, sogenannte Teleangiektasien, erkennen. Weitere Veränderungen seien nicht zu finden, so Prof. Wolff. Man vermutet, dass es sich beim red scalp syndrome um eine Sonderform der Rosacea handelt. Eine Rosacea tritt normalerweise im Gesicht vor allem im Bereich um die Nase herum auf. Es gibt aber auch sogenannte "extrafaciale Varianten" der Rosacea, also ein Auftreten ausserhalb des Gesichtes. Ein Therapieversuch des red scalp syndromes könne daher mit Rosacea Therapeutika wie Doxycyclin und Isotretinoin erfolgen, oder auch mit äußerlichem Kortison oder mit Calcineurin-Inhibitoren aus der Neurodermitstherapie.

Im zweiten Teil des Berichtes wird es unter Anderem über den Vortrag von Frau Prof. Ulrike Blume-Peytavi aus Berlin zum Thema "JAK-Inhibitoren bei Alopecia areata" gehen.

Dr. Andreas Finner (www.trichomed.com), Dr. Uwe Schwichtenberg (www.Derma-Nord.de)

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