Von Kosmetik bis Arzneimittel - was wirkt wirklich bei androgenetischer Alopezie?
5. September 2018 - Dr. Uwe Schwichtenberg
Haarausfall empfinden Frauen, aber auch viele Männer als eine psychische Belastung. Die oft verzweifelte Selbsttherapie führt meist nicht zum erwünschten Erfolg und so wird Haarausfall von vielen als etwas Unveränderliches wahrgenommen. Umso wichtiger ist es, über wirksame, evidenzbasierte Therapien aufzuklären. Auf einem Symposium im Rahmen der 26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI 2018) ging Prof. Hans Wolff, Leiter der Haarsprechstunde der Ludwig- Maximilians-Universität München, der Frage nach: "Von Kosmetik bis Arzneimittel - was wirkt wirklich?" Die Quintessenz: Minoxidil (Handelspräparat z. B. Regaine) ist weiterhin die einzige äußerliche anzuwendende Therapieoption bei anlagebedingtem Haarausfall (androgenetische Alopezie, AGA), der in der aktualisierten S3-Leitlinie sowohl bei Männern als auch bei Frauen der höchste Evidenz- Level zugesprochen wird.
Wolff räumte zunächst mit den Mythen zur Glatzenbildung auf. "Weder zu häufiges, noch zu seltenes Haare waschen, Überhitzung der Kopfhaut oder ähnliches sind verantwortlich für die androgenetische Alopezie." Ein wesentlicher ursächlicher Faktor sind Varianten im Androgenrezeptor-Gen (AR-Gen). "Die X- chromosomale Lokalisierung des AR-Gens unterstreicht die Bedeutung der mütterlichen Linie bei der Vererbung der androgenetischen Alopezie", so Wolff. Die Erkrankung ist durch eine erhöhte Empfindlichkeit des Haarfollikels gegenüber Androgenen gekennzeichnet. Es kommt zu einer Verkürzung der Wachstumsphase des Haares und damit zu einer Verringerung der Dicke des Haarschafts. "Dieser als Miniaturisierung bezeichnete Prozess wandelt die dicken Terminalhaare des Kopfes in dünne Flaumhaare, sogenannte Vellushaare um", erklärte Wolff.
Die androgenetische Alopezie ist bei Männern und Frauen eine häufige Erkrankung. Bei Frauen ist jedoch der Leidensdruck oft besonders hoch, wenn sich das Haar um den Scheitel herum zu lichten beginnt. Behandlungsziel ist es, den Haarausfall zu stoppen, den Miniaturisierungsprozess umzukehren und das Wiederwachstum der Haare zu fördern. Mittel gegen Haarausfall gibt es in vielen Formen und Variationen. Einige sind frei im Handel erhältlich, andere apothekenpflichtig. Ob Shampoo, Pille, Serum, Hausmittel oder Haartransplantation - das Angebot ist zwar vielfältig, aber meist lässt die Wirksamkeit zu wünschen übrig. Weder für topische Therapien mit Aloe vera, Bergamotte, Koffein oder Niacin-Derivaten noch für orale Omega- Fettsäuren, Vitamine und Nährstoffkombinationen liegen evidenz- basierte Empfehlungen vor. Dies wird deutlich in der aktualisierten europäischen S3-Leitlinie für die Behandlung von Männern und Frauen mit AGA, die einen umfassenden Überblick über ein breites Spektrum an Therapieoptionen gibt. Die Autoren weisen explizit darauf hin, dass für zahlreiche Therapieoptionen, etwa äußerlich anzuwendende Hormone und Nährstoffpräparate aller Art, keine qualitativ ausreichenden klinischen Studien vorliegen bzw. die Studienlage uneinheitlich ist.
Minoxidil ist in der aktualisierten Fassung der Leitlinie weiterhin die einzige äußerliche Therapie, der sowohl bei Männern als auch bei Frauen mit androgenetischer Alopezie das höchste Evidenz-Level 1 zugesprochen wird. Die Leitlinienempfehlung basiert auf den Ergebnissen zahlreicher randomisierter Studien, in denen die Therapie mit Minoxidil sowohl die Progression der androgenetischen Alopezie als auch einen bereits manifesten Haarausfall verringern konnte.
Neben der zweimal täglichen äußerlichen Anwendung von Minoxidil 2% Lösung enthält die Leitlinie erstmals eine Empfehlung für eine einmal tägliche Therapie für die Frau mit Minoxidil 5% Schaum, berichtete Prof. Wolff. Den Ausschlag für diese neue Empfehlung gaben die Ergebnisse von Studien, in denen die einmal tägliche Behandlung mit Minoxidil 5% Schaum eine vergleichbare Wirkung wie die zweimal tägliche Anwendung von Minoxidil 2% Lösung aufwies. Die einmal tägliche Anwendung macht die Therapie komfortabler und leichter in den Alltag zu integrieren. Für den Mann wird eine zweimal tägliche Anwendung empfohlen, auch hier ist Minoxidil 5% Schaum eine gut umsetzbare Behandlung.
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