Aktuelle Studie zum Wirkmechanismus von Minoxidil
3. Mai 2004 - Dr. Jens Meyer
Minoxidil wird in äusserlich anzuwendender Lösung seit Jahren erfolgreich in der Therapie des anlagebedingten Haarausfalls (Alopecia androgenetica, androgenetische Alopezie) des Mannes (Handelspräparat Regaine 5%) und der Frau (Handelspräparat Regaine Frauen 2%) eingesetzt. Der genaue Wirkmechanismus des Präparates hingegen konnte noch nicht abschließend aufgeklärt werden. Bereits auf der Tagung der Europäischen Gesellschaft für Haarforschung (European Hair Research Society, EHRS) des Jahres 2002 befasste sich ein Bericht von Andrew Messenger vom Royal Hallamshire Hospital in Sheffield mit der Wirkungsweise von Minoxidil. In Tablettenform findet der Wirkstoff seit vielen Jahren Verwendung in der Behandlung des Bluthochdruckes. Die dabei beobachtete "Nebenwirkung" einer Förderung des Haarwachstums kann bei der örtlichen Anwendung von Minoxidil als Lösung auf der Kopfhaut nun als "Hauptwirkung" zur Behandlung von Haarausfall genutzt werden.
Hinsichtlich des Wirkmechanismus wurde zunächst eine Steigerung der Durchblutung an der Kopfhaut als Haupteffekt diskutiert, berichtete Messenger. Ein Stoffwechselprodukt des Minoxidils könne in diesem Zusammenhang durch eine Öffnung von Kalium-Kanälen in den Zellmembranen zu einer Erschlaffung der Muskulatur in den Blutgefäßen führen. Entsprechende Untersuchungen konnten diese Theorie bisher jedoch nicht beweisen. In Experimenten mit Zellkulturen wurden zahlreiche weitere Eigenschaften von Minoxidil nachgeweisen. Die Bedeutung dieser Effkte für das Haarwachstum (z.B. Stimulation der Bildung von Prostaglandinen, des Vascular Endothelial Growth Factors (VEGF) und der DNA-Synthese sowie eine Hemmung des Enzyms Lysyl Hydroxylase) blieb jedoch bisher ungeklärt.
Insgesamt lasse der relativ rasch eintretende Behandlungseffekt mit Minoxidil-Lösung vermuten, dass hierbei ruhende Haarfollikel zum Eintritt in die Wachstumsphase (Anagenphase) des Haarzyklus angeregt werden (siehe Rubrik Grundlagen). Der bisher ausbleibende Durchbruch in der Suche nach dem Wirkprinzip von Minoxidil könnte nach Ansicht von Dr. Messenger darin liegen, das die Anagenphase in den entsprechenden Laborversuchen bisher nicht ausreichend untersucht werden konnte.
Mit den Wirkungen des Minoxidil auf Zellkulturen befasste sich auch eine aktuelle Studie eines südkoreanischen Wissenschaftlerteams (Han et al: "Effect of minoxidil on proliferation and apoptosis in dermal papilla cells of human hair follicle." J Dermatol Sci. 2004 Apr;34(2):91-8). Untersucht wurde der Effekt von Minoxidil auf das Wachstum und das Absterben von Zellen der dermalen Papille des Haarfollikels. Die dermale Papille ist die aus Bindegewebe, feinsten Blutgefäßen und Nervenfasern aufgebaute Zone, die von unten zapfenartig in den untersten Anteil des Haares hineinragt. Sie erfüllt wichtige Aufgaben in der Ernährung des Haares. Die unmittelbar an die Papille grenzende, ihr kappenförmig aufsitzende Zellschicht ist die Haarmatrix, die die eigentliche Bildungszone des Haarschaftes darstellt. Eine Abbildung des schematischen Aufbaus eines Haares finden Sie in der Rubrik "Grundlagen"
In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Minoxidil die Aktivierung bestimmter Funktionssubstanzen auf zellulärer Ebene dahingehend beeinflusst, dass die Zellen ein verstärktes Wachstum zeigen und der natürlicherweise programmierte Zelltod (Apoptose) verhindert werden kann. Darüber hinaus bewirkte Minoxidil eine Verlängerung individueller kultivierter Haarfollikel. Die Autoren schlossen aus Ihren Ergebnissen, dass Minoxidil vor allem durch die beobachteten Effekte auf die Zellen der dermalen Papille zu einer Verlängerung der Anagenphase des Haares führt und somit das Haarwachstum stimuliere.
2004 | |
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